„Uranium“-Reihe: Pioniere der Radioaktivitätsforschung aus der Region
Am 17. Juni endete die im Februar 2015 gestartete Veranstaltungsreihe „Uranium“, die von der Aktion Atommüllfreie Asse (AAA), AufpASSEn e.V. sowie Paul Koch, Sozialdiakon i.R. ausgerichtet wurde.
Im letzten Teil der Reihe wurde die wissenschaftliche Leistung der Wolfenbütteler Lehrer und Physiker Julius Elster und Hans Geitel sowie weiterer regionaler Akteure beleuchtet. Unter dem Titel „Elster, Geitel, Giesel – ein kongeniales Umfeld – und die Bedeutung in der Frühgeschichte der Radioaktivitätsforschung“ referierte der pensionierte Lehrer und Naturwissenschaftshistoriker Rudolf Fricke In einem lebendigem Vortrag über den Wechsel von der klassischen zur modernen Physik im ausgehenden 19. Jahrhundert. Mittendrin die Wolfenbütteler Julius Elster & Hans Geitel; sie entwickelten Verfahren zur Beobachtung von ionisierender Strahlung, fanden die Beobachtungen von Becquerel bestätigt und überzeugten u.a. Röntgen von der Existenz ionisierender Strahlung, sodass sie zwischen 1904 und 1911 sieben Mal für den Nobelpreis vorgeschlagen wurden. Daneben spielten aber weitere – weniger bekannte – Persönlichkeiten aus der Region eine bedeutende Rolle, unter ihnen der Braunschweiger Chemiker Friedrich Oskar Giesel, der unabhängig von dem Ehepaar Marie und Pierre Curie gleichzeitig das Radium entdeckte. Erst durch das Zusammenspiel dieser Akteure, darunter auch die feinmechanische Werkstatt Günther & Tegetmeyer in Braunschweig, wurden diese international beachteten Forschungsleistungen möglich. Der Referent verdeutlichte aber auch, dass diese Pioniere die Gefahren der radioaktiven Strahlung nicht kannten und aus heutiger Sicht mörderische Selbstexperimente unternahmen, die zu schweren Erkrankungen und frühzeitigem Tod führten. In diesem Zusammenhang ging Fricke auch auf die ab 1906 eingeführte Inhalationstherapie mit dem radioaktiven Element Radon in Heilbädern und Heilstollen ein, die – obwohl in einigen Ländern immer noch praktiziert – jetzt eher kritisch gesehen wird. Die Präsentation zahlreicher Exponate, z.B. über 100 Jahre alte Meßinstrumente, teilweise von Elster und Geitel selbst konzipiert, rundeten den sehr informativen Vortrag ab.
Konrad stoppen statt erweitern!
Das Nationale Entsorgungsprogramm (NaPro) sieht vor, Schacht KONRAD zu erweitern.
Die AAA ruft gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad, der Stadt Salzgitter, der IG Metall Salzgitter-Peine und dem niedersächsischen Landvolk Braunschweiger Land dazu auf, gegen das Nationale Entsorgungsprogramm Einwendungen zu erheben, was noch bis zum 26. Mai möglich war. Unterschriftenlisten lagen u.a. im Rathaus der Stadt Wolfenbüttel aus.
„Uranium“-Reihe: Uranwaffen/Uranmunition
Der 4. Teil der im Februar gestarteten Veranstaltungsreihe „Uranium“ hatte am 20. Mai als Thema „Uranwaffen/Uranmunition“. Ausrichter der Veranstaltungen sind die Aktion Atommüllfreie Asse (AAA), AufpASSEn e.V. sowie Paul Koch, Sozialdiakon i.R.
Referentin des Abends war Dr. Angelika Claußen, die ehemalige Vorsitzende von IPPNW-Deutschland und jetzige Präsidentin von IPPNW-Europa. Die deutsche Sektion des Vereins IPPNW (Internationale Ärzte zur Verhütung des Atomkrieges – Ärzte in sozialer Verantwortung e.V.) ist mit ca. 8.000 Mitgliedern die größte berufsbezogene Friedensorganisation in Deutschland; international beträgt die Anzahl der Mitglieder fast 150.000 in über 50 Nationen.
Im Mittelpunkt des Vortrags standen die (Langzeit-) Folgen des Einsatzes von Uranwaffen. Uran-Munition ist eine spezielle konventionelle Waffe, deren Geschossspitzen mit abgereichertem Uran (DU) gehärtet sind, wodurch eine sehr hohe Durchschlagskraft erreicht wird, z.B. um Panzer zu zerstören. Durch die beim Auftreffen entwickelte extrem hohe Hitze brennt die Munition die Panzerung durch und setzt dann explosionsartig Giftwolken aus Staub frei. Dabei wirkt das DU sowohl durch die chemische Giftigkeit des Schwermetalls als auch durch die radioaktive Strahlung auf Umwelt und Gesundheit ein. Für den Menschen bestehen die größten gesundheitlichen Gefahren durch die Inhalation der Partikel, wodurch Krebs, Schäden am Erbgut und Fehlbildungen beim Embryo hervorgerufen werden können. Eingesetzt wurden Uranwaffen bisher bei den Balkankriegen zwischen1994 und 1999 und im Irak 1991 und 2003. Während durch zellbiologische Forschung und Tierversuche die krebsauslösende und erbgutschädigende Wirkung des DU bewiesen wurde und in medizinischen Studien ein Anstieg der Krebserkrankungen bei Kindern und Erwachsenen sowie ein Anstieg an Fehlbildungen dokumentiert wurde, ergaben bisherige epidemiologische Untersuchungen bei Soldaten aus den USA, Großbritannien und Italien noch keine eindeutigen Beweise. In diesem Zusammenhang wird die Geheimhaltungspolitik, insbesondere der USA, vom IPPNW kritisiert. Das italienische Verteidigungsministerium erkannte immerhin 2007 an, dass 37 Soldaten an Krebs gestorben sind und 255 erkrankt sind, die Uranmunition mit bloßen Händen angefasst und zur Detonation gebracht hatten. Für aussagekräftige Untersuchungen ist die Einführung nationaler Krankheitsregister dringend erforderlich. Die Dekontamination der betroffenen Gebiete muss schnellstmöglich erfolgen, um Bevölkerung und Soldaten vor langfristigen Schäden zu schützen. Vor allem ist ein völkerrechtlich verbindlicher Vertrag zur Ächtung von Uranwaffen bzw. Uranmunition erforderlich. Das bedeutet natürlich auch, dass die Bundeswehr keine Uranmunition beschaffen darf. Schließlich hatte Hans Rühle, ehemaliger Leiter des Planungsstabs im Bundesverteidigungsministerium, erst am 26.04.2015 in der Welt am Sonntag geäußert, dass die Leopard 2 Panzer der Bundeswehr nur durch die Aufrüstung mit DU-Munition gegen die neuesten Panzer aus Russland effektiv sein können. In der nachfolgenden lebhaften Diskussionsrunde wurde u.a. die Rolle der WHO (Weltgesundheitsorganisation) bei der Erforschung der Gefahren durch Uranmunition in Hinblick auf die Verflechtung mit der IAEO (Internationalen Atomenergiebehörde) kritisch hinterfragt.
„Uranium“-Reihe: Uran aus geschichtlicher und wissenschaftlicher Sicht
Die am Februar gestartete Veranstaltungsreihe „Uranium“ wurde am 15. April mit dem 3. Thema „Uran, aus geschichtlicher und wissenschaftlicher Sicht“ fortgesetzt. Ausrichter der Veranstaltungen sind die Aktion Atommüllfreie Asse (AAA), AufpASSEn e.V. sowie Paul Koch, Sozialdiakon i.R. Für den angekündigten Referenten Prof. Lehmann von der TU Clausthal musste kurzfristig dessen Mitarbeiterin Stephanie Lohmeier einspringen, um den den informativen Vortrag zu halten, der sich zunächst mit der Entdeckung des Urans beschäftigte. Als Entdecker gilt der Berliner Apotheker Klaproth (geboren in Wernigerode), der 1789 das neue Element Uran, allerdings noch nicht in reiner Form, im Erzgebirge aus dem Mineral Pechblende isolierte. Mit der Entdeckung der Radioaktivität zum Ende des 19. Jahrhunderts (u.a. durch Marie Curie) gewann das Metall an Bedeutung. Mit der Entdeckung der Kernspaltung (1938 durch Otto Hahn und Lise Meitner) prägt das Uran die politische Entwicklung der Erde, je nach Standpunkt als Fluch oder Segen. 1942 wurde im Rahmen des Manhattan-Projekts zunächst die militärische Nutzung vorangetrieben, die zum Bau und ersten Einsatz der Atombombe1945 in Japan (Hiroshima und Nagasaki) führten. Welche verheerenden Folgen der Abwurf einer Hiroshima-Bombe oder sogar einer Wasserstoff-Bombe auf Wolfenbüttel hätte, wurde in einer beeindruckenden Grafik dargestellt. In einem kurzen Film wurde die Entwicklung der militärischen Erprobung aufgezeigt: bis zum Jahr 1998 weltweit über 2000 Atomwaffentests und inzwischen mindestens 7 Atommächte. Allein das amerikanische Atomwaffenprogramm hat von 1946 bis 1996 mindestens 5821 Milliarden US-Dollar gekostet. Weiterhin informierte die Referentin über die Strahlenbelastung durch die militärische und zivile Nutzung des Urans im Vergleich zur Exposition durch natürliche Quellen und medizinische Untersuchungen. In einem weiteren Abschnitts des Vortrags ging es um die Förderung des Urans; so wurden 2013 fast 60000 Tonnen Uran produziert. Als wichtige Länder gelten Kasachstan, Kanada, Australien, Niger und Namibia. Auch über die Reichweite der Uranvorkommen und die Preisentwicklung wurde informiert. Schließlich ging die Referentin auch auf den Naturreaktor Oklo in Gabun ein, eine Uranlagerstätte, in der durch natürlich entstandene Urankonzentration eine nukleare Kettenreaktion einsetzte. Dass das Uran und andere radioaktive Elemente entscheidend den globalen Wärmehaushalt und damit das Leben auf der Erde bestimmen, führte zu einigen Nachfragen aus dem wieder zahlreich erschienenen Publikum im Anschluss an das Referat.
„Uranium“-Reihe: Uranbergbau in Ostdeutschland
Die am Februar gestartete Veranstaltungsreihe „Uranium“ wurde am 11. März mit dem Thema Uranbergbau in Ostdeutschland fortgesetzt. Ausrichter der Veranstaltungen sind die Aktion Atommüllfreie Asse (AAA), AufpASSEn e.V. sowie Paul Koch, Sozialdiakon i.R., der bei seiner Begrüßungsrede auf die Katastrophe von Fukushima vor genau 4 Jahren hinwies und Berührungspunkte zwischen dem Super-GAU in Japan und dem Thema des Abends aufzeigte. Vor dem zahlreich erschienenen Publikum referierte Michael Beleites, der als Mitbegründer der Umweltbewegung in der DDR gilt. Dabei ging er zunächst auf die Geschichte des Uranbergbaus in Sachsen und Thüringen ein und zeigte auf, dass die Vertuschung der Vorgänge bei dem Bergbauunternehmen Wismut bereits bei der Namensgebung begann; denn natürlich ging es nicht um die Förderung des Elements Wismut sondern um die Gewinnung von Uran. Aus dem drittgrößten Uranbergbaugebiet der Welt haben von 1946 bis 1990 400.000 Wismut-Beschäftigte 231.000 Tonnen Uran an die Sowjetunion geliefert. Die Bergarbeiter waren schweren gesundheitlichen Gefährdungen ausgesetzt, so starben bis in die 1990er Jahre jährlich bis zu 300 Bergleute durch Bronchialkarzinom. Die Schäden für die Umwelt sind auch heutzutage noch spürbar. Die geheim gehaltenen Gesundheits- und Umweltgefahren wurden von Michael Beleites bereits zu DDR-Zeiten in der Studie „Pechblende – Der Uranbergbau in der DDR und seine Folgen“ dokumentiert. Eindrucksvoll schilderte Beleites, unter welchen Umständen und mit welchen persönlichen Risiken die Recherchen erfolgten – von der Stasi wurde er seit 1982 unter dem Decknamen „Entomologe“ verfolgt. So war er 1987 mit versteckter Kamera im Wismut-Gebiet unterwegs und konnte die Recherche-Ergebnisse noch im selben Jahr im ARD-Magazin „Kontraste“ veröffentlichen lassen. Bei den anschließenden Fragen aus dem Publikum ging es hauptsächlich um die Sanierungsmaßnahmen der stillgelegten Wismut-Standorte, die bisher ca. 6 Milliarden Euro gekostet haben.
Veranstaltungsreihe zum Thema Uran gestartet
Am Mittwoch, dem 4. Februar, startete die Veranstaltungsreihe „Uranium“, die sich ausgehend vom Uran mit den unterschiedlichsten Aspekten von Radioaktivität und ionisierender Strahlung auseinandersetzt. Ausrichter der Veranstaltungen sind die Aktion Atommüllfreie Asse (AAA), AufpASSEn e.V. und Paul Koch, Sozialdiakon i.R. Bei den Vorträgen wird immer wieder der Bezug des Themas zum Braunschweiger Land hergestellt, u.a. mit den Namen Geitel, Elster und Bergwitz, die alle in Wolfenbüttel lebten und zur Radioaktivität Grundlagenforschung betrieben. Geitel prägte bereits 1899 den Begriff „Atomenergie“. Welche Folgen die Atomenergie haben kann, wurde weltweit mit den Reaktorkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima deutlich und die gescheiterte Atommüllentsorgung in Asse II zeigt die gewaltigen Probleme der Langzeitfolgen auf.
Die Auftaktveranstaltung im Bildungszentrum Wolfenbüttel bestand aus 2 Themenbereichen, die musikalisch von Volker Itze mit der irischen Harfe begleitet wurden. Zunächst las Ralf Kleefeld aus dem Buch „Die Zukunft hat schon begonnen“ von Robert Jungk, in dem dieser 1953 beschreibt, wie naiv die Menschen als Goldgräber der Neuzeit mit Geigerzähler nach Uran suchten – ohne zu wissen, in welche gesundheitliche Gefahr sie sich begeben, wie sich die riesige Atomindustrie in Amerika entwickelt hat und wie sich die Atom-Industrie (Atom-Fabriken oder gar Atom-Städte mit Arbeits- Wohn- und Einkaufsmöglichkeiten) hermetisch von der „Außenwelt“ abgeriegelt hat.
Im zweiten Teil berichtete James Albert, promovierter Physiko-Chemiker aus Göttingen, über den Uranabbau am Beispiel Indiens. Er hat die betroffenen Gegenden mehrmals besucht und hatte direkten Kontakt zu den Beteiligten, insbesondere zu den Ureinwohnern, die gegen die Boden-, Luft- und Wasserverseuchung durch die Urangewinnung protestieren und dabei große Risiken in Kauf nehmen, da der zivilgesellschaftliche Protest brutal unterdrückt wird. In beängstigenden Bildern wurde dokumentiert, wie die Umwelt vergiftet wurde und weiter vergiftet wird und welche schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen, u.a. Krebs und Missbildungen, auftreten. Auf die Frage aus dem zahlreich erschienenen Publikum, ob die Proteste der Ureinwohner denn erfolgreich seien, konnte der Referent nur von lokal begrenzten Erfolgen berichten, z.B. dass verstärkte Proteste an einzelnen Orten die Unternehmen bewogen, den Abbau an andere Orte zu verlagern.